Solartechnik

In 120 Stunden entwickelten Andreas Henze, Kaan Öztürk und Erdem Arli aus Bochum die Solar-Tankstelle. Elektromobil-Besitzer müssen nur den Stecker einstöpseln.

Hier gibt's "Benzin" aus der Steckdose

Fachschüler bauten Solar-Tankstelle
(Quelle: WAZ Bochum, Westdeutsche Allgemeine Zeitung, 12.09.1998)

Das nennt man Fortschritt: In Bochum dauert "mal eben tanken" fünf bis sechs Stunden. Und die Erfinder sind stolz drauf. Drei Fachschüler haben eine Solar-Tankstelle gebaut.

Tanken können hier Elektrofahrzeuge, Autos, Zwei- und Dreiräder. Von denen gibt es an der Fachschule für Technik am Bochumer Ostring schon eine ganze Menge: Abteilungsleiter Axel Steves hat ein schlichtes Elektromobil, Techniklehrer Wolfgang Rode fährt einen auffälligen pinken Trabi mit Sonnenkollektor auf dem Dach, der ehemalige Schüler Ralf Kratky baute seine Honda zu einem "Elektro-Chopper" um.

"Fehlte bloß die Tankstelle", erzählt Kaan Öztürk (23), der sich gemeinsam mit Erdern Arli (27) und Andreas Henze (33) im Projektunterricht an die Arbeit machte. 120 Schulstunden später präsentiert das Trio einen silbernen Schrank von nicht mal Briefkasten-Größe. Darin verbergen sich: Bedienungsanleitung, Chipkartenlesegerät, zwei Steckdosen für die beiden gängigen Systeme.

"Jeder Tanker erwirbt einen Schrankschlüssel und eine Chipkarte, von der der Preis fü die getankte Menge pfenniggenau abgebucht wird", erklärt Öztürk. Auch auf Strompreisschwankungen werde reagiert. Bonbon: Der Strom ist selbstgemacht, die Fachschule hat eine eigene Photovoltaik-Anlage, mit der sie Strom produziert. "Den speisen wir ins Netz und entnehmen ihn später für die Elektro-Mobile, so entsteht ein Energiekreislauf", sagt Öztürk. Das adelt die Elektro-Tankstelle zur Solar-Tankstelle. 08/15-Strom gibt's schließlich auch an der heimischen Steckdose.

Ums Heim-Tanken kamen die etwa 20 Bochumer Elektro Fahrer bisher wohl nicht herum: Die nächsten Strom-Tankstellen liegen in Dortmund und Essen. Außerdem ist die Bochumer Station öffentlich - und rund um die Uhr geöffnet. Freilich dauert einmal Volltanken auch fünf bis sechs Stunden, bei sehr modernen Elektromobilen zweieinhalb.

Immerhin: Die Kilowattstunde (kWh) Strom kostet nur 30 Pfennig. Sparsame Mobile verbrauchen 10 kWh auf 100km, Stromfresser 20. Kurz: Reichlich Zeit muß der Stromtanker mitbringen, wenig Geld. Obwohl die umweltfreundlichen Autos mit voller Batterie nur 40 bis 60 km weit kommen, sind Schüler und Lehrer elektrisiert. Abteilungsleiter Steves weist darauf hin, daß der deutsche Durchschnittsfahrer täglich ohnehin nur 30 Kilometer zurücklege. Lehrer Rode sieht gar eine Chance zur Bewußtseinswerdung: "Die geringe Reichweite zwingt mich ja, mir Gedanken über mein Verhalten zu machen. Da fahre ich halt mal Fahrrad oder nutze für weite Strecken den ÖPNV."

Ralf Kratky stört nicht mal,daß sein Elektrochopper nur 80 km/h erreicht. "Der Kick ist nicht das Tempo. Wenn ich mit 50 über die Landstraße fahre, höre ich alle Geräusche in der Landschaft. Sogar Radfahren ist lauter - ich hab's getestet: Da hört man das Treten."

 

Information zur Inbetriebnahme der ersten Solartankstelle in Bochum

Am 11. September 1998 wurde die erste Bochumer Solartankstelle der Öffentlichkeit am Gebäude der Technischen Beruflichen Schule 1, Ostring 25, Eingang Scharnhorststraße, übergeben. Schüler der Fachschule für Technik der TBS 1, Berufskolleg der Stadt Bochum, haben im Laufe eines Projekts in 4 Monaten eine Solartankstelle geplant und konstruiert, errichtet und erfolgreich in Betrieb genommen.

 

Eine Solartankstelle ist eine Stromtankstelle, an der Elektrofahrzeuge, d.h. Autos und auch Zwei-und Dreiräder, die zum völligen schadstofffreien Fahren nötige elektrische Energie beziehen. Eine Solartankstelle erhält die Energie direkt oder indirekt aus einer Photovoltaik-Solaranlage. Seit Ende Mai 1998 steht auf dem Dach unserer Schule die größte schulische Solaranlage in NRW für diesen und andere Zwecke zur Verfügung. Die Energieabnahme wird über ein Chipkartensystem abgerechnet.

 

Diese Tankstelle hilft die Reichweite von Elektrofahrzeugen zu erweitern, die zur Zeit zwischen 50 und 100 km liegt; die nächsten Tankstellen im mittleren Ruhrgebiet befinden sich in Dortmund und Essen, sind aber nur zum Teil öffentlich und nicht über 24 Stunden zugänglich.

 

Wir danken bei dieser Gelegenheit den Pressevertretern für das große Interresse! Klicken Sie bitte auf die Zeitungsseite!

Bei der öffentlichen Inbetriebnahme der Tankstelle durch den Schulleiter wurde von den Stadtwerken Bochum ein bislang durch die Stadtwerke genutzte Elektro-Kleintransporter an den Förderverein der Schule übergeben. Um den Vorgang des Stromtankens zu demonstrieren, wurden bei der Eröffnung weitere Elektrofahrzeuge vorgeführt, teils Serienfahrzeuge, teils Prototypen, die in der Schule entwickelt wurden.

Wenn Sie weitere Informationen wünschen, können Sie uns unter 0234/964020 telefonisch bzw. unter 9640216 per FAX erreichen - oder schreiben Sie uns einfach eine E-Mail: rode@tbs1.de

 

Verzeichnis weiterer Solartankstellen: Link

 


Bildungsziele

  • Bewusstsein schaffen für die Zusammenhänge zwischen Energieverbrauch, Schadstoffausstoß und Umweltbelastung und -zerstörung bei unterschiedlichen Verfahren zur Energiegewinnung, Gesamtökobilanz

  • Befähigung vermitteln zur Differenzierung des Belastungspotenzials unterschiedlicher Verfahren und Energieträger

  • Darlegung der ökonomischen und ökologischen Auswirkungen des derzeitigen Energiekonsums, Verantwortung im Sinne der Agenda 21 übernehmen

  • Verantwortungsbewusstsein schaffen für den sorgsamen Umgang mit Energie

  • Handlungsmöglichkeiten im Rahmen der lokalen Agenda verdeutlichen

  • Entwicklungspotenzial regenerativer Energietechnik für die Energieregion Ruhrgebiet aufzeigen

  • und natürlich: Erweiterung von Fachkompetenzen aus den Bereichen Chemie, Elektrotechnik und Metalltechnik

Photovoltaikanlage

Zur Realisierung dieser Bildungsziele arbeiten die unterschiedlichen Abteilungen der Technischen Beruflichen Schule 1 im Team eng zusammen, um innerhalb der beruflichen Erstausbildung sowie in der beruflichen Weiterbildung die gesetzten Ziele zu erreichen.

Lernträger ist dabei u.a. eine inzwischen 20kW große Photovoltaikanlage, mit deren Bau im Winter 1997/98 begonnen wurde, in der ersten Ausbaustufe betrug die Nennleistung 10 kW.

Der Förderverein als Betreiber der Anlage stellte im Frühjahr 2000 den Antrag zur Erweiterung der Anlage auf 20kW, da durch die zum 1.4.2000 gültige Neuregelung zur bundesweiten Einspeisevergütung (Erneuerbare-Energien-Gesetz EEG) Photovoltaik-Strom mit DM 0,99/kWh vergütet wird. Die Investitionskosten werden durch einen Zuschuss aus dem NRW-Programm "Rationelle Energieverwendung und Nutzung unerschöpflicher Energien" sowie einen Kredit aus dem 100.000-Dächer-Programm der Bundesregierung gedeckt. Die Tilgung des Kredits erfolgt aus dem Stromertrag der gesamten Photovoltaik-Anlage. Die Anlagenerweiterung wurde im Frühjahr 2001 realisiert, die Inbetriebnahme erfolgte am 4.Mai 2001.

Die Vergrößerung der Anlage steht im Einklang mit den Zielen der Industrieländer, die Treibhausgasemissionen zu vermindern, wozu sich die Bundesrepublik Deutschland durch Unterzeichnug des Kyoto-Protokolls zur Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen verpflichtet hat. Die Nutzung Erneuerbarer Energieträger zur Energieversorgung spielt dabei eine zentrale Rolle. 

Fächerübergreifender Einsatz 
in der Beruflichen Erstausbildung und in der 
Weiterbildung (Fachschule für Technik)

Messwerterfassung

  • Elektrischer Energieertrag
  • Meteorologische Daten
  • Schadstoffbelastung der Umgebung

Messwertauswertung

  • Umweltdatenbank
  • Visualisierung
  • Statistik

Datenübertragung

  • Übertragung innerhalb der Schule
  • Bereitstellung der Daten für ein Schulwetternetz
  • Einspeisung ins Internet

Anlagenplanung

  • Mechanische/elektrische Komponenten
  • Genehmigungsverfahren/Errichtungsbestimmungen
  • Kosten/Nutzenrechnung unter ökologischen Aspekten

Neue Technologien, neue Berufsfelder

Alternative Energieerzeugung ist natürlich nicht der einzige Aspekt, der zur Entscheidung für eine Solaranlage an der TBS1 geführt hat:

Neben der Möglichkeit, anschaulich auf zentrale Probleme unserer Zeit aufmerksam machen zu können und die Verzahnung von Technik (Elektrotechnik, Datenverarbeitungstechnik), politischer Verantwortung (Politik, Wirtschaftslehre) und moralischer Verantwortung (Religionslehre) ins Bewusstsein der Schüler zu rufen, ist es auch die Notwendigkeit, Zukunftsperspektiven und neue Technologien sowie Berufsfelder ( z.B. Solateur/in, Fachkraft für Solartechnik) zu erschließen.

Damit erreichen wir nicht nur die Schüler an der TBS1. Durch die Internetpräsenz und die Mitarbeit im Arbeitskreis Schulen und Bochum Agenda 21 im Netzwerk der Umweltkontaktschulen NRW ergeben sich häufig beanspruchte Beratungstätigkeiten und Kontakte zu Bildungseinrichtungen in Bochum und Umgebung. Die Solartankstelle und die der Schule zur Verfügung stehenden Elektrofahrzeuge unterstützen diese Aufgabe.

Messdaten

Die Erfassung und Auswertung von solartechnisch relevanten Daten erfolgt kontinuierlich und automatisiert.

  • Umgewandelte Sonnenergie, Einspeisung ins Stadtwerke-Netz
  • Leistungsvergleich der montierten Module
  • Leistung auf der Gleichspannungsseite der Wechselrichter
  • Leistung auf der Wechselspannungsseite
  • Wirkungsgrad
  • Globale Strahlung, Sonneneinstrahlung
  • Lufttemperatur
  • Modultemperatur
  • Relative Feuchte
  • Niederschlag
  • Windgeschwindigkeit
  • Windrichtung
  • Vermiedener CO2-Ausstoß
  • In Vorbereitung: Luftdruck,Staub, Ozon, usw.

unterstützt durch / in Zusammenarbeit mit

  • Stadtwerke Bochum
  • Solartechnik Langner, Bochum
  • Rittal
  • Förderverein TBS1 e.V.
  • Landesinstitut für Bauwesen
  • Elektroinnung Bochum
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Was hat Bochum mit Rio de Janeiro zu tun?

Auf der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung im Juni 1992 in Rio de Janeiro wurden die Grundlagen für eine qualitative neue weltweite Zusammenarbeit in der Umwelt- und Entwicklungspolitik geschaffen. Die Agenda 21, die mit ihren 40 Kapiteln alle wesentlichen Politikbereiche einer umweltverträglichen, nachhaltigen Entwicklung anspricht, gibt detaillierte Handlungsempfehlungen an alle Staaten, um einer weiteren Verschlechterung der Umweltsituation entgegenzuwirken.

 

Wesentlicher Ansatz ist dabei die Integration von Umweltaspekten in alle anderen Politikbereiche. Im Kapitel 28 dieser Agenda 21 werden die kommunalen Gebietskörperschaften weltweit aufgefordert, ihren Beitrag zur Unterstützung und Umsetzung dieses Aktionsprogramms zu leisten.

 

Auch die Stadt Bochum hat sich verpflichtet, nach Kräften auf lokaler Ebene die Agenda 21 zu verwirklichen. Ein Aspekt ist dabei die Reduzierung des CO2-Ausstoßes durch Einsparung von Energie und/oder fossiler Energieträger.

 

Bei der Verbrennung von kohlenstoffhaltigen Substanzen, bei der alkoholischen Gärung und bei der menschlichen und tierischen Atmung entsteht Kohlendioxid CO2. Es ist natürlicher Bestandteil der Luft und wird von den Pflanzen unter Rückgabe des Sauerstoffs umgewandelt.

 

Insbesondere durch die Verbrennung von Kohle, Heizöl, Holz, Erdgas, Benzin- und Dieselkraftstoffen zur Deckung des weltweit steigenden Energiebedarfs wird das natürliche CO2-Gleichgewicht gestört. Darüber hinaus haben Massentierhaltung und die fortschreitende Vernichtung des tropischen Regenwaldes ebenfalls negative Auswirkungen auf den CO2-Anteil in der Atmosphäre.

 

CO2 beeinflußt unser Klima (Treibhauseffekt). Der erhöhte Ausstoß von CO2 verstärkt den natürlichen Treibhauseffekt im erheblichem Maße um den sogenannten anthropogenen (=von Menschen verursachten) Treibhauseffekt. Die enormen CO2-Mengen, die weltweit in die Luft geblasen werden, gehen in erster Linie auf das Konto der Industrieländer. Als Verursacher sind wir somit verpflichtet, einen ent-scheidenden Beitrag zur CO2-Minderung zu leisten. Folgen des Treibhauseffekts sind:

 

  • Erwärmung der Erdatmosphäre
  • zunehmende Landverluste
  • Abschmelzen der Inlandgletscher
  • Verschiebung von Klimazonen
  • Anstieg der Meeresspiegel
  • Zunahme von extremen Wetterereignissen

 

Die Bundesrepublik Deutschland hat sich das Ziel gesetzt, den energiebedingten CO2-Ausstoß bis zum Jahre 2005 um etwa 25% gegenüber 1987 zu senken. Dieses Ziel kann nur dann erreicht zur CO2-Minderung werden, wenn in allen Bereichen Energie sparsamer, effizienter und sinnvoller genutzt wird und alternative Technologien, wie z.B. die Solartechnik, verstärkt eingesetzt werden.

 

Die Volkshochschule der Stadt Bochum bietet interessierten Bürgern/innen weitere Informationen zum Thema.